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Nachtlicht |
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Der in Island geborene Künstler Sigurdur Gudmundsson hat ein vielfältiges Werk geschaffen. Er überschreitet häufig die Grenzen der Kunstgattungen und arbeitet in vielen Genres: Skulptur, Druckgrafik, Fotografie, Performance, Malerei, Installation, Zeichnung, Musik und Literatur. Gudmundsson hat immer wieder betont, der Ausgangspunkt seines Schaffens sei nicht Spezialisierung und Kunstfertigkeit sei, sondern die Vorstellungskraft. In seiner Rede zur Verleihung des Henrik-Steffens-Preises 1989 sagte Gudmundsson: Meine Erfahrung bei der künstlerischen Arbeit ist, dass meine Kunst da anfängt, wo mein Denken aufhört. Das bedeutet nicht, dass meine Kunst gedankenlos ist. [?] Meine Gedanken sind mehr ein Instinkt oder ein Klang, der zu einem dringt, während man sein Leben lebt. Dann habe ich das Verlangen dem Ausdruck zu verleihen, ohne Worte: zu singen, es zu tun, es zu sein. Die Kunst Sigurdur Gudmundssons ist demnach kein Ergebnis der Erfindung, sondern der Entdeckung. Kraft seiner Imagination gelingt es diesem Künstler, Unbekanntes aufzudecken, Verborgenes zu enthüllen, Unbewusstes sichtbar zu machen. Für diesen künstlerischen Ansatz ist Gudmundssons Skulptur Nachtlicht gleichsam ein Schlüsselwerk, das schon in dem Wortpaar Nacht und Licht im Titel der Skulptur das Spannungsfeld zwischen Unsichtbarkeit und Vorschein aufzeigt. Die Nacht ist in Mythen seit alters die Zeit dunkler Mächte, die erst mit dem Anbruch des Tageslichts verschwinden. In der abendländischen Philosophie gilt die Nacht als Metapher für Unwissenheit, die, wie Herder es nennt, des Lichtstrahls der Vernunft bedarf, um die Gestalten der Dinge, wie sie sind, zu zeigen. In der Bibel scheidet Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Wenn wir sagen, der Tag hat 24 Stunden, dann bleibt keine Zeit mehr für die Nacht. Es hat den Anschein, die Nacht sei kein Thema. In der Tat ist die Nacht von Kunst, Religion und Philosophie als höchst problematisch angesehen, verdrängt und sogar negiert worden. Heraklit von Ephesos war lange der letzte Philosoph, der die Einheit der Gegensätze und somit die Einheit von Tag und Nacht als Grundprinzip verstand. "Für die Nacht bedeutet dies, dass sie seither von der Wissenschaft weitgehend vergessen worden ist: zunächst als der Betrachtung unwürdiger und dann als überhaupt kein Gegenstand mehr. Nur noch für manche Mystiker und für Dichter blieb sie ein Gegenstand des Betrachtens und Besprechens und Anrufens." Gudmundssons skulpturale Einheit von Nacht und Licht steht in der Tradition der Romantik. Seine Skulptur ist analog zu Novalis? Hymnen ein Denkmal an die Nacht. Der Diabas, den Gudmundsson für seine Skulptur verwendet, ist ein Zeuge vulkanischer Tätigkeiten vor vielen Millionen Jahren, ein äußerst hartes Gestein, das poliert nachtschwarz glänzt. Der Sockel ist auf zwei Seiten geglättet, Vorder- und Rückseite zeigen eine unregelmäßige, genarbte Bruchkante. Darauf bilden zwei einfache giebelständige Hausformen ein dicht nebeneinander gestelltes Paar. Die Giebelfronten und Dachflächen sind dunkelgrau poliert. Glasscheiben, deren Kanten im Licht schimmern, füllen vollständig und randlos die Lücke zwischen den benachbarten Dachschrägen, so dass Häuser und Glasschichtung eine Einheit bilden. In der Reduktion auf einfache Urformen sind Gudmundssons Arbeiten von ungewöhnlicher Deutlichkeit. Seine Kunst setzt auf die Aussagekraft elementarer Formen und Materialien. Dennoch wahren sie ein Geheimnis. Das Mysterium erschließt sich jedoch nicht dem Verstand, sondern nur dem Gefühl. Die Nacht wird der Offenbarungen fruchtbarer Schoß. 3 Norbert Weber Inventarnummer: 18sigu Signatur: Abstrakt Abbildungsrechte: Provinzial Kunstsammlung
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