Auf einer grünen, perspektivisch angeschrägten Holzfläche, die an der Museumswand fixiert ist, steht ein Hocker, der derart angesägt ist, dass eine Ecke der Sitzfläche und ein Bein abgeschnitten sind. Neben dem Hocker, ebenfalls auf dem Podest, lehnen zwei Besen an der Wand. Alltägliche Gegenstände werden hier durch einen provisorischen Sockel zum Kunstwerk erhoben. In Art eines Reliefs sind diese an der Wand fixiert. Das Relief, das in seiner technischen Ausprägung zwischen einem Gemälde und einer Skulptur zu verorten ist, vereint zwei unterschiedliche Darstellungsmodi der bildenden Kunst in sich. Dieses Wechselspiel der Darstellungsebenen treibt Volker Tiemann weiter und verweist mit der Bezeichnung »auf grünem Grund« im Titel auf den malerischen Ursprung dieser Skulptur. Der grüne Malgrund wird zum Boden für die darauf abgestellten Gegenstände, das Stillleben somit zur dreidimensionalen Plastik. Seine Betonung findet das modell- und ausschnitthafte der Szenerie durch den angeschnittenen Hocker. Gleichfalls könnten die Gegenstände Requisiten für ein Bühnenstück darstellen. Bild, Skulptur, Modell und Erzählung überkreuzen sich in dieser Arbeit zu einem Tableau, in dessen Zentrum die alltäglichen Gebrauchsgegenstände stehen. Aspekte des Readymades spielen hier ebenfalls hinein.
»Stilleben mit Hocker und Besen auf grünem Grund« ist eine frühe Arbeit des Kieler Künstlers Volker Tiemann und zeugt bereits von seinem ironischen Umgang mit der Kunstgeschichte und dem Kunstsystem.

(Peter Kruska)

Literatur:

• Zeigerer, Wolfgang (Hrsg.) / Kruska, Peter (Hrsg.): Stadtgalerie Kiel - Einblicke in die Sammlung, Kiel 2013

Inventarnummer: 6107

Signatur: signiert, datiert und betitelt (auf grüner Platte: Stilleben mit Hocker und Besen auf grünem Grund, V/93, V. Tiemann)

Abbildungsrechte: Stadtgalerie Kiel