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Das Gestüt der gräflich Plessenschen Pferdezucht vor Schloss Ivenack

Object type:Gemälde
Artist:
Adam, Albrecht
Date:1830
Measures:Gesamt: Höhe: 61 cm; Breite: 85 cm
Material:Leinwand
Technique:Öl
Die traditionsreiche und vielgerühmte mecklenburgische Pferdezucht erlebte um 1800 eine neue Blüte, als einige Großagrarier, darunter die Grafen Plessen auf Schloss Ivenack, die Brüder Wilhelm und Gottlob von Biel auf Schloss Zierow und Friedrich von Hahn auf Schloss Basedow Vollbluthengste aus England importierten und mit ihrer Zucht große Erfolge erzielten, die ihnen internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung einbrachten. Ohne es zu wissen tätigte Graf Plessen mit dem Hengst Morwick Ball den spektakulärsten Einkauf, denn es handelte sich um den Vater des 1793 im Gestüt von Ivenack geborenen Apfelschimmel „Herodot“, der als einer der berühmtesten Deckhengste seiner Zeit galt.

Um dieses Pferd ranken sich viele Gerüchte. Als französische Truppen Mecklenburg 1807 besetzten, sandte Napoleon eine Schwadron mit der Order nach Mecklenburg, die Hengste und Stuten von Ivenack für die französischer Armee und Pferdezucht zu requirieren. Zuallererst verlangte man die Herausgabe von „Herodot“, den der Stallmeister in einer hohlen Eiche Ivenacks verborgen hatte. Als der Hengst die Stuten witterte, die von den französischen Kavalleristen an dem Baum vorbeigetrieben wurden, verriet er sein Versteck durch lautes Wiehern. „Herodot“ wurde mit den anderen Pferden nach Frankreich gebracht. Ein Chronist berichtet, dass Napoleon „Herodot“ bei allen Eroberungszügen und auch bei seinem Einzug in Moskau geritten habe. (Herodot, der berühmte Schimmelhengst aus Ivenack, in: Fritz Klose: Zu Hause bei Fritz Reuter, Rostock 1956, S. 114-116).

Nach dem Sieg der vom preußischen Feldmarschall Blücher und dem englischen General Wellington angeführten Truppen über Napoleon in der Schlacht bei Waterloo wurden die politischen und geografischen Verhältnisse in Europa neu geordnet. Auf der Tagesordnung des Wiener Kongress soll auch das Schicksal von Herodot gestanden und Blücher dessen Rückgabe erzwungen haben. Der Stallmeister von Ivernack konnte das Tier ausfindig machen, das bei dem Brand Moskaus durch Funkenflug ein Auge verloren hatte. Halbseitig erblindet verlebte „Herodot“ noch etwa zehn Jahre in Ivenack.

Das Gemälde zeigt im Vordergrund rechts die Nachkommen von „Herodot“ auf einer Weide, rechts steht der Veteran mit einer Stute und einem Fohlen. Der Blick fällt im Mittelgrund auf den um 1800 angelegte englischen Landschaftsgarten mit seiner bewaldeten Insel und einigen der tausendjährigen Eichen, die sich über das gesamte Areal erstrecken. Im Hintergrund ist die Schlossanlage zu erkennen, die mit der Schlosskirche, der heutigen Dorfkirche, der Orangerie, dem Teehaus, dem Marstall, dem Verwalterhaus und der Schmiede ein eindrucksvolles Ensemble bilden.

Geschaffen wurde das Gemälde von Albrecht Adam aus München, dem damals berühmtesten und gesuchtesten Schlachten- und Pferdemaler seiner Zeit. Kein Künstler war berufener als Albrecht Adam, der dem auf Seiten Napoleons kämpfenden bayerischen Heer bis nach Russland gefolgt war und Napoleons Einzug in Moskau aus nächster Nähe beobachtet hatte. Nach dem Wiener Kongress hatte Adam seine während der Feldzüge und Schlachten entstandenen Zeichnungen und Studien zu großformatigen Gemälden verarbeitet und in Lithografien verbreitet, für die er hohe Ordensauszeichnungen und sogar den Offiziersrang erhielt.

Für, Graf von Plessen, Graf Gustav von Maltzahn und die anderen befreundeten Züchter auf den benachbarten Gütern war dies Grund genug, Albrecht Adam 1827 einzuladen. Man war stolz auf den berühmten Künstler, der gewohnt war, seine Aufträge vom bayerischen König Ludwig I. und dem Hochadel zu erhalten. In Adams Erinnerungen heißt es: „In dieser Zeit wurde ich auch von mehreren Kavalieren zu einer Reise nach Mecklenburg veranlasst. Dort fand ich schöne Gelegenheit, meine Pferdekenntnis zu erweitern. Ich sah viel Schönes, malte viel und fand allenthalben die freundlichste Aufnahme.“ (Hyacint Holland, Albrecht Adam - Aus dem Leben eines Schlachternmalers, Stuttgart 1886, S. 302.)

Die Zahl der Bestellungen für Pferdeporträts und Pferdegruppen war so groß und lukrativ, dass Albrecht Adam im Sommer 1828 in Begleitung seines Sohnes Benno, der ebenfalls ein bekannter Tiermaler wurde, nach Mecklenburg zurückkehrte, um die Vielzahl der Aufträge zu bewältigen.

In Bad Doberan wohnte Adam einem der Pferderennen bei, in denen die Nachkommen „Herodots“ serienweise Siege errangen. Allein dies war Grund genug, den Hengst für die Nachwelt in einem Gemälde festzuhalten. Als der mit Aufträgen überhäufte Albrecht Adam das Gemälde 1830 vollendete, war „Herodot“ kurz zuvor verstorben, man hatte ihn unter einer der prächtigen Eichen, wie wir sie im Mittelgrund des Bildes erkennen, begraben.

Bei dem Pferderennen in Bad Doberan lernte Adam 1828 auch Herzog Christian August von Augustenburg kennen, der ebenfalls ein großer Pferdeliebhaber war und auf der Insel Alsen eine berühmte Pferdezucht betrieb. Der Herzog lud Adam nun seinerseits auf sein Schloss Augustenburg ein, um für ihn tätig zu werden, doch Adam antwortete, dass er durch seine Reisen nach Mecklenburg und die dortigen Aufträge so in Rückstand gekommen sei, sodass diese Reise er erst 1833 realisiert werden konnte, der 1837 eine zweite Reise folgte. (Hans Wullenweber: Herzog Christian August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg als Förderer der heimischen Pferdezucht und Albrecht Adam, in: Schleswig-Holsteinischer Kunstkalender 1917, S. 52-61.- Olaf Klose: Albrecht Adam und Christian August von Augustenburg, in: Nordelbingen Bd. 28/29, 1960, S. 155-158)

Inventory Number: Adam-1

Signature: signiert und datiert Wo: unten rechts Was: A. Adam 1830

Photographer: Sönke Ehlert

Image rights: Jürgen und Maria Elisabeth Rasmus Stiftung