Deutsch
Name des Museums
Titel des Bildes
Zur letzten Objektsuche Zum Album hinzufügen

Pistole

Objektbezeichnung:Pistole
erweiterte Objektbezeichnung:Pistole "Beretta 70s. Kaliber 22 L.R."
Hersteller:Fabbrica d´Armi Pietro Beretta
Datierung:1965
Maße:Kaliber: 5,6 mm (Kal. .22 L.R. (Kleinkaliber))
Material:Metall
Kunststoff
Die kleinkalibrige Pistole der 70 Serie des traditionsreichen italienischen Waffenherstellers Pietro Beretta ist eine beliebte Waffe von Sportschützen, da sie besonders klein und handlich ist. Bei der hier vorliegenden Pistole handelt es sich um die Tatwaffe eines der spektakulärsten Kriminalfälle der Justizgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Am 6. März 1981 erschoss damit Marianne Bachmeier im Lübecker Landgerichtsgebäude den mutmaßlichen Mörder ihrer kleinen Tochter. Der 35jährige Lübecker Klaus Grabowski hatte im Sommer 1980 die siebenjährige Anna Bachmeier in seine Wohnung gelockt und dort erdrosselt. Der wegen sexuellen Missbrauchs an minderjährigen Mädchen bereits vorbestrafte Grabowski konnte noch am Tattag festgenommen werden. Den Vorwurf, das Mädchen ebenfalls sexuell belästigt zu haben, bestritt der Täter bis zuletzt. Die Mutter des getöteten Kindes, die Lübecker Gastwirtin Marianne Bachmeier, hatte am dritten Verhandlungstag die Waffe in den Gerichtssaal geschmuggelt und schoss noch vor Verhandlungsbeginn acht Mal auf den Angeklagten. Grabowski starb noch auf der Anklagebank, Bachmeier ließ sich ohne Widerstand festnehmen.
Der Fall Bachmeier erregte nicht nur in Deutschland großes Aufsehen und löste eine hitzige Debatte über das Thema Selbstjustiz aus. Im November 1982 begann unter großem öffentlichem Interesse der Prozess gegen die Täterin, die die Aufmerksamkeit für sich zu nutzen wusste. Sie verkaufte die Rechte an ihrer Lebensgeschichte exklusiv an das Nachrichtenmagazin ?Stern?, um so ihre Verteidigung finanzieren zu können. Durch die Veröffentlichung ihres Privatlebens geriet jedoch das Bild der liebenden Mutter mehr und mehr ins Wanken, nachdem bekannt wurde, dass sie zuvor zwei weitere Töchter nach ihrer Geburt zur Adoption freigegeben hatte. Auch die Darstellung der Schüsse als Affekthandlung wurde zusehends unglaubwürdig, da die Bachmeier nachweislich vor der Tat intensive Schussübungen durchgeführt hatte. Auch die Justiz musste sich der Kritik aussetzen, als bekannt wurde, dass Grabowski sich nach seinen früheren Taten hatte kastrieren lassen, jedoch wenige Jahre vor dem Mord an Anna Bachmeier eine gerichtlich genehmigte Hormonbehandlung zur Wiederherstellung seiner Sexualität erhalten hatte.
Marianne Bachmeier wurde im März 1983 wegen Todschlages und illegalen Waffenbesitzes zu sechs Jahren Haft verurteilt, von denen sie drei Jahre absaß. Sie wanderte nach Italien aus, wo sie in Palermo in einem Hospiz arbeitete. Aufgrund einer Krebserkrankung kam sie nach Lübeck zurück, wo sie 1996 im Alter von 46 Jahren starb.
Die Herkunft der Beretta konnte nie geklärt werden. Die Waffennummer war absichtlich entfernt worden. Marianne Bachmeier hatte zu Protokoll gegeben, die Pistole kurz vor der Tat von einem Unbekannten erworben zu haben.

Inventarnummer: 2011VK227

Abbildungsrechte: Freilichtmuseum Molfsee - Landesmuseum für Volkskunde