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Zyklus: Militärische Postkarten hinter Panzerglas |
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Der Spurensucher Raffael Rheinsberg (geboren 1943 in Kiel, verstorben 2016 in Forst, Hunsrück) sah in jedem Gegenstand eine Seele, "lebendige Spuren des Vergangenen". So bildeten Fundstücke, aus der Gebrauchs- und Warenwelt schmählich entlassene Gegenstände und Materialien, die Konstante seines künstlerischen Schaffens. Anfangs eher zufällig aufgefunden und ganz im Geiste der Dadaisten zu assoziations- und beziehungsreichen Sinnzusammenhängen zusammengefügt, systematisierte Rheinsberg seine Arbeit mit den Fundstücken nach und nach. Er gelangte zur Untersuchung ortsspezifischer Gesamtsituationen und entwickelte eine strengere Formsprache, indem er thematisch gleichartige Gegenstände konsequent reihte und in geordneten Feldern präsentierte. Ausgehend vom Gebrauchsgegenstand setzte sich Rheinsberg stets mit der konkreten Wirklichkeit auseinanderund bezog Stellung zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Als Materiallager, Wohnung und Atelier diente ihm ein "friedlich besetztes" Abbruchhaus im Kieler Sophienblatt 22/24. Rheinsberg baute es zunächst zum "Laboratorium", später zum "Museum der Dinge" aus, bis es 1983 endgültig abgerissen wurde. 1988, als Raffael Rheinsberg bereits seit neun Jahren in Berlin lebte und arbeitete, eröffnete im Nachfolgebau die Stadtgalerie Kiel mit einer Retrospektive des Künstlers, deren zentrales Werk die "Koffermauer - Klagemauer" war. Rheinsbergs "Zyklus: Militärische Postkarten hinter Panzerglas" aus dem Jahr 1977 besteht aus 30 Postkarten, die er in gleichmäßigen Reihen anordnete und durch verschiedene Eingriffe verfremdete: einige sind übermalt, andere ausgeschnitten oder mit kleinen Gegenständen, einem Ziffernblatt etwa, beklebt. Die Motive stammen vorwiegend aus der Kriegsmarine (darunter Kriegsschiffe und U-Boote auf See, das Marine-Ehrenmal in Laboe sowohl in Innen- als auch in Außenansicht sowie das Museums-U-Boot U995) die provokativ mit sexualisierten Motiven konfrontiert werden. Die handschriftlich überschriebene Postkarte oben rechts benennt das Thema der Collage und bietet zugleich Interpretationshilfe für den Betrachter: Kieler Woche. Ein Zerstörer im Hafen - will er den Hafen zerstören? Rheinsberg bezieht hiermit eindeutig Stellung gegen den militaristischen Aspekt der Kieler Woche, wie er sich in ihrer Zurschaustellung von Kriegsschiffen manifestiert. Durch die Auswahl weiterer Postkartenmotive - insbesondere durch das Marine-Ehrenmal in Laboe, das erst 1996, also lange nach Entstehen der Collage, zur Gedenkstätte für die auf den Meeren gebliebenen Seeleute aller Nationen umgewidmet wurde und seither eine friedliche Seefahrt anmahnt - weitet Rheinsberg seine Kritik auf das Kriegsgedenken und eine mögliche Heldenverehrung aus. (Jessica Wieczorek) Literatur:
Inventarnummer: 8028 Signatur: signiert und datiert (u.r.: Raffael Rheinsberg 1977) Fotograf: Ehlert, Sönke Abbildungsrechte: Stadtgalerie Kiel
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