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Doppelflügelpaar - Antwerpener Wurzel Jesse-Altar |
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Ob der Altar einer Bruderschaft oder einem privaten Stifter gehörte, ist aufgrund der Quellenlage nicht mit Sicherheit zu belegen. Van Hövelen erwähnt bei der Beschreibung der Jakobikirche im Jahre 1666 "... die gar künstliche in Holz gehauene Bilder Tafel / darin oben der Stam Christi als Wurzel Jesse / unter der Englische Gruhs"(1). Die kleine Figur der Wurzel Jesse, die sich ebenfalls im St. Annen-Museum befindet (Inv. Nr. 43, Raum XII, Kapitelsaal), soll aus dem Mittelschrein des Altares stammen und könnte somit ein Indiz dafür sein, daß sich diese Beschreibung auf den Antwerpener Wurzel Jesse-Altar bezieht. Baltzer/Bruns (BuKD III) schließen aus dem Bildprogramm des Altares, daß er ursprünglich in der Hogehus-Kapelle der Jakobikirche aufgestellt war, deren Vikarie der Jungfrau Maria und den Hl. Drei Königen gewidmet war. Die erhaltenen Flügel sind eine Antwerpener Arbeit, wie das Brandzeichen auf dem Rahmen, eine kleine Hand, beweist. Auf der Innenseite wird in acht Szenen die Geschichte Mariens und die ihrer Eltern geschildert, wie sie in den apokryphen Schriften - dem Protevangelium des Jakobus und dem Pseudomatthäus - und der Legenda aurea erzählt wird. Im Neuen Testament hingegen wird die Vita von Joachim und Anna nicht wiedergegeben. Die Tafel oben links belegt das gottesfürchtige Leben der betagten Eltern Mariens, deren Ehe lange Zeit unfruchtbar geblieben war; sie verteilen ein Drittel ihres Vermögens an Bettler, Krüppel und Pilger. Im Hintergrund beklagt Anna ihre Kinderlosigkeit, die vor dem jüdischen Gesetz als Fluch Gottes galt. Die folgende Tafel zeigt Joachim, dessen Gabe zum Fest der Tempelweihe vom Hohepriester zurückgewiesen wird, da er das Volk Gottes nicht gemehret habe, wie es dem Gesetz geziemt. Moses, der hinter dem Hohenpriester auf dem gemalten Altarretabel als kleine Figur zu sehen ist, repräsentiert mit seinen Tafeln das Gesetz Gottes. In der unteren Reihe links wird dem so gedemütigten Joachim, der sich in die Berge zu seiner Herde zurückzieht, von einem Engel die Geburt einer Tochter vorausgesagt. Derselbe Engel erscheint auch der Hl. Anna, eine Szene, die klein im Hintergrund zu sehen ist. Auf sein Geheiß treffen beide Eheleute an der Goldenen Pforte von Jerusalem zusammen, ein Symbol für die wunderbare Empfängnis Mariens. Der rechte Innenflügel ist Maria gewidmet: Die Szenenfolge ist nicht in der üblichen Lesart angeordnet. Sie beginnt unten links mit der Verkündigung des Engels an Maria. Die Tafel darüber zeigt Maria und Josef mit dem Christuskind auf der Flucht vor den Häschern des Herodes, die, wie die Darstellung daneben schildert, die Kinder Bethlehems töten. In beiden Bildern öffnet sich hinter der Hauptszene der Blick in den Hintergrund. Die Flucht wird durch Szenen aus dem bäuerlichen Leben begleitet. Auf der anderen Tafel wird das Mordgeschehen im Hintergrundmotiv noch einmal aufgenommen und durch die Figur des Herodes mit seinen Soldaten, der auf dem Balkon des Palastes steht, begründet. Der Tod Mariens im Kreise der Jünger schließt den Zyklus ab. Aus der Gruppe der Apostel hebt sich Petrus links außen durch seine liturgischen Gewänder hervor. Dies mag ein Hinweis auf die Führungsrolle des Petrus und auf das Papsttum sein. Auffallend ist die Tatsache, daß in der Bildfolge das zentrale Ereignis in der Geschichte Mariens, die Geburt Christi, fehlt; sie ist in der Thematik der Außenflügel enthalten. In ungewöhnlicher Breite erstreckt sich hier über alle vier Flügel hinweg die Anbetung des Kindes durch die Hl. Drei Könige. Die Hl. Familie und der kniende König werden durch die Architektur herausgehoben; der Vorhang hinter der Mutter-und-Kind-Gruppe hat zusätzlich repräsentative Funktion. Der Innenraum erscheint so als Schaubühne, in die die Vegetation eindringt; Blumen und Pflanzen sind auch Symbolträger für die Jungfräulichkeit Mariens. Durch die Fenster und Brüstungen wird die Hintergrundlandschaft, belebt durch Kleinszenen, im Ausschnitt geschildert. Die Ankunft der drei Könige mit Pferden und Kamel ist links zu sehen, die Edelleute vor den Mauern einer mittelalterlichen Stadt repräsentieren höfisches Leben. Die Malerei ist von hoher Qualität; sie zeigt sich vor allem in den individuell gestalteten Köpfen der Könige, die portraithaften Charakter haben, und in der differenzierten Darstellung von Stofflichkeit und Farbe. Motive und Charaktere erinnern an Figuren, die auf Hugo van der Goes verweisen. Daher wird vermutet, daß der unbekannte Meister eine verlorene Komposition des hochgeschätzten Künstlers benutzt hat (Winkler). Die Gestalt der Maria steht eher im Umkreis des Quentin Massys, so daß der Altar auch eine Kompilation von Entwürfen verschiedener Künstler sein kann, eine Arbeitsweise, die im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit durchaus üblich war. 1 Kunrat van Hövelen, Der Kaiserl: Fre<ien Hanse>Stadt Lübeck Glaub- und Besähewürdige Herrligkeit / samt Verhandener Altertums Nuetzlichen Gedaechtnis / <a>n Einheimisch- und Auslaendischen nachrichtlich aufgefaertigt und entworfen..., Lübeck 1666, S. 60 Heise/Vogeler 1993, Kat. Nr. 7 Inventory Number: 21 Signature: Brandzeichen (Rahmen: Hand) Image rights: St. Annen-Museum
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