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Wurzel-Jesse-Altar |
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Der Altar stand in der Dominikanerkirche der Burg am dritten Nordpfeiler des Langhauses. Ob es sich um einen Bruderschaftsaltar oder um eine private Stiftung handelte, ist aufgrund der Quellen nicht zu ermitteln. Das Bildprogramm des Mittelschreins ist der Wurzel Jesse gewidmet. Das Motiv geht zurück auf die alttestamentarische Bibelstelle Jesaia 11, 1-10, in der der Messias angekündigt wird: "Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen". Daraus ergibt sich der Stammbaum Christi, dessen Wurzel die Gestalt des Isai (= Jesse) bildet, des Vater Davids. Er ruht auf einem Thron, aus seiner Seite wächst ein Baum empor. Die Blütenkelche der Äste tragen die Nachkommen, d.h. die Vertreter des Stammes Davids, aus dem Christus hervorgeht. Die Gestalt der Gottesmutter mit dem Kinde krönte den Baum; sie ist heute verloren. Zur Rechten und zur Linken des Stammvaters stehen zwei Propheten, die Spruchbänder entrollen; ebenso hielten auch die Ahnen Christi Schriftrollen in den Händen. Die beiden Flügel ordnen dem Stammbaum Christi Szenen aus der Mariengeschichte zu, wie sie in den Apokryphen (Protevangelium des Jakobus und Pseudomatthäus) und der Legenda aurea überliefert sind (vgl. Inv. Nr. 1926-312, Altar der Zirkelbruderschaft). Die obere linke Szene zeigt den Tempelgang des Marienkindes. Es steigt 15 Stufen zur hochgelegenen Tempelpforte empor, vor der es von Zacharias empfangen wird; die Eltern Joachim und Anna bleiben am Fuße der Treppe zurück. Die Zahl der Stufen ist Sinnbild der 15 Stufenpsalmen, die vom Volke Israel an Festtagen beim Tempelgang gesungen wurden. Am oberen Rand der Szene deutet eine Empore den Tempelbezirk an; hier sind Jungfrauen in die Lektüre der Heiligen Schrift vertieft. Die Engel unterhalb der Treppe begleiten das Marienkind mit Fackeln. Oben rechts ist die Verkündigung dargestellt. Der Engel Gabriel überbringt der am Lesepult stehenden Jungfrau die Frohe Botschaft. Der Innenraum ist liebevoll mit Alltagsgegenständen ausgeschmückt, einem Handarbeitskörbchen, Büchern, einem Leuchter und Tellern. Als kleine Halbfigur im Maßwerk blickt Gottvater herab. Das rechte untere Relief zeigt die Heimsuchung, die Begegnung Marias mit Elisabeth. Die Engel bezeugen das Walten des göttlichen Planes, der sich an Maria vollzieht. Die weibliche Gestalt hinter Elisabeth ist - wie bei der gleichen Szene des Thomasaltars - eine Dienerin, die das Gepäck Mariens trägt. Mit der Anbetung des Kindes wird der Marienzyklus abgeschlossen. Auf der gemalten Alltagsseite werden die zwölf Apostel mit ihren charakteristischen Attributen gezeigt. Sie stehen in Dreiergruppen unter einem Bogen vor einer Mauer, hinter der sich eine hügelige Landschaft erstreckt. Dies entspricht dem traditionellen Schema, allerdings ist das herkömmliche Fliesenmuster, das auf einen Innenraum verweist, zugunsten einer Außenraumdarstellung aufgegeben. Die Gruppe oben links bilden die Apostel Paulus mit dem Schwert, Andreas mit dem Balkenkreuz, Petrus mit dem Schlüssel. Rechts oben schließen sich Jakobus der Ältere im Pilgergewand, der Evangelist Johannes mit dem Giftkelch, Bartholomäus mit dem Messer an. Philippus, das Doppelkreuz haltend, führt die Gruppe links unten an. Ihm zur Seite steht Jakobus der Jüngere mit dem Fachbogen (1), der die Walkerstange der Legende ersetzt, da sie zur Entstehungszeit des Altares nicht mehr gebräuchlich war. Es folgt Judas Thaddäus mit der Lanze. Thomas, rechts unten, trägt ein Winkelmaß und ein Holzbeil, Matthäus wird hinterrücks von einem Schwert durchbohrt, Simon stützt sich auf sein Marterinstrument, die Säge. Die Hauptansicht des Altares ist mit vegetabilem Rankenwerk reich geschmückt. Darin stehen unter kleinen Baldachinen Statuetten von Engeln und Aposteln. Die Schnitzarbeit zeugt von handwerklicher Fertigkeit, weniger von künstlerischer Qualität. Höherwertiger dagegen ist die Malerei; sie steht unter dem Einfluß der Donauschule, so, wie sie durch Erhart Altdorfer zu Beginn des 16. Jahrhunderts nach Lübeck gekommen ist (vgl. Nr. 10, Thomas-Altar und Nr. 11, Maria Magdalenen-Altar). Auch wenn die Gestaltung der Figuren gröber ist als bei Altdorfer, so gelingt es dem Maler doch, die unterschiedliche Stofflichkeit und Farbe der Gewänder differenziert herauszuarbeiten. 1 Der Fachbogen ist ein violinbogenähnliches Handwerksgerät zum Schlagen oder "Fachen" von kurzhaarigen Wollstoffen. Durch die zum Schwingen gebrachte Darmseite werden die losen Haare entfernt. Vogeler/Heise 1993, Kat. Nr. 18 Literatur:
Inventarnummer: 8 Signatur: Inschrift (auf dem Spruchband des Propheten zur Rechten: creavit d[omi]n[u]s novvm svper t[err]am) Signatur: Inschrift (auf dem Spruchband des Propheten zur Linken: in ventar est g[...]ale virga) Signatur: Inschrift (Gewandsaum Jesse: GRACIA PL[E]NA DOMINVS TECVM BENEDICTA TV IN M[VLIERIBVS ORA] PRO NOBIS MAB) Signatur: Inschrift (Gewandsaum rechter Prophet: SALVE SANTA IABE [G?] [...]RDERA REGI QVI CELVM TAB[T...]E[...]) Signatur: Inschrift (Gewandsaum linker Prophet: ANNVS (sic!) [DEI] QVI TO[LLIT P]ECCA[TVM] MVNDI MISE[...] NOBIS NOB[...]) Abbildungsrechte: St. Annen-Museum
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