Die Porträtzeichnung en face zeigt einen 69jährigen mit einem großen Tumor der linken Wange, der unbeteiligt am Betrachter vorbeischaut. Die Geschwulst hat einen scharfen Randwall und ist über die Wangenhaut im Niveau deutlich erhaben. Der Tumor ist oberflächig geschwürig zerfallen. Die Beschriftung läßt vermuten, daß es sich um ein Basaliom gehandelt haben könnte. Das Basaliom ist eine örtlich langsam je nach Basaliomtyp in die Tiefe oder die Umgebung einwachsende, lokal zerstörende Geschwulst, die sich nur in extrem seltenen Fällen über die Lymph- oder Blutbahnen aussät. Die lange Vorgeschichte und die in Kinnmitte, auf der Nasenspitze, der rechten Oberlippe, oberhalb der rechten Augenbraue und über dem rechten Jochbein gelegenen kleineren Tumoren sprechen für Basaliome, die beim nordischen oder keltischen Typ mit heller Haut, blonden Haaren, blauen Augen und Sommersprossen bei starker Sonneneinstrahlung (Seefahrer, Landarbeiter) gehäuft vorkommen. Die Bemerkung „aus Ulzeration einer Warze, von denen er viele seit seiner Jugend im Gesicht trug“ lässt vermuten, daß diese „Warzen“ Naevuszellnaevi waren, die bei genetischer Disposition (Gorlin-Goltz-Syndrom) Vorstufen von Basliomen sein können (1).
Der Hauptbefund ist sehr ausgedehnt, da Teile der Ohrspeicheldrüse und Teile des linken Jochbeins entfernt werden mußten und es trotz dieses ausgedehnten Eingriffs zu einem frühen Rezidiv am Oberrand kam.
Das Basilom hat 1900 Krompecher als „Carcinoma epitheliale adenoides“ vom Hautkrebs abgrenzt (2), und 1901 wurde von Nekam die Bezeichnung „Basaliom“ eingeführt (3). Eine Geschwulst dieser Ausdehnung kann nur radikal, d.h. im Gesunden operiert werden, wenn die Randzonen feingeweblich auf dem bloßen Auge nicht sichtbare Tumorausläufer untersucht werden (Randhistologie), da bis zu 22 mm entfernt vom klinisch sichtbaren Tumorrand Tumorausläufer beim metatypischen und morphaeartigen Basaliom vorkommen können (4).
Basaliome rezidivieren relativ spät. Die Beobachtung, daß schon drei Monate nach der Erstoperation am 20/10 walnußgroßes Recidiv in d. Ggd. des äußeren Augenwinkels“ aufgetreten ist, spricht eher dafür, daß es sich um ein metatypisches Basaliom, ein sogenanntes Ulcus terebrans oder, wie bezeichnet um ein Wangenkarzinom gehandelt hat.

Hans-Helfrich Petersen, in: Jörn Henning Wolf und Franz Härle (Hg.): Krankheiten des Gesichts in künstlerischen Illustrationen des 19. Jahrhunderts, Neumünster 1994, S. 82-83, Kat. Nr. 32.

1 Härle, F.: Atlas der Hauttumoren im Gesicht. Hanser, München 1993, S. 133
2 Krompecher, A.: Der drüsige Oberflächenkrebs ? Carcinoma epitheliale adenoides. Beitr Path Anat 28 (1900), S. 1
3 Nekam, L.: Basalioma adenoides cysticum esete. Orvosi Hetil 2 (1901), S. 1
4 Härle, F.: Atlas der Hauttumoren im Gesicht. Hanser, München 1993, S. 84

Literatur:

• Wolf, Prof. Jörn Henning (Hrsg.) / Franz Härle (Hrsg.): Krankheiten des Gesichts in künstlerischen Illustrationen des 19. Jahrhunderts (= Kieler Beiträge zur Geschichte der Medizin und Pharmazie, 21), Neumünster: Wachholtz Verlag, 1994

Inventarnummer: G-1991-415

Signatur: datiert (auf dem Papier u.r.: Gez. 24/6 63.)

Signatur: nummeriert (auf Passpartout o.l.: 5.b.)

Signatur: nummeriert (auf Passpartout o.l.: 2)

Signatur: beschriftet (auf Passpartout u.M.: Epithelkrebs der Wange [unterstrichen] / entstanden seit 1 Jahr aus Ulceration einer Warze [unterstrichen], von denen er viele seit seiner / Jugend im Gesicht trug. (mißhandelt durch [Kürzel] Salben, Pflaster u. leichte Ätzungen.) / 25/6 63. Exstirpation der Geschwulst und des vordern Lappens der / Parotis sammt Abmeißlung der Oberfl. des os zygomat. / 28/7. mit grannulierender Wunde entlassen / 20/10. Walnußgroßes Recidiv in d. Ggd des äußeren Augenwinkels / 21/10. Exstirpation)

Signatur: datiert (auf Passepartout u.l.: 1863. [unterstrichen])

Signatur: beschriftet (auf Passepartout u.r.: H.H. Voigt 69 Jahr / aus [Kürzel] Blunck.)

Abbildungsrechte: Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung

Ikonographie:

Tumore