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Philip der Sohn der Feodorowna (II); verso: Landschaft bei Pokatilowka |
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Nachdenklich und ernst richtet der kleine Junge seinen Blick nach oben. Die leicht zusammengekniffenen Augen sowie tiefe Falten zwischen seinen Augenbrauen evozieren die Annahme einer ihn blendenden Sonne. Mit energischen Schraffuren erfasst Barlach die kindlich runden Gesichtszüge und setzt durch gezielte Aussparungen spannende Lichtreflexe auf die Haut. Dieser sorgfältigen Modellierung steht die unregelmäßige Ausarbeitung des Haars sowie die skizzenhafte Andeutung des Oberkörpers entgegen. Der Titel verrät, dass es sich um ein Portrait des Sohnes einer Frau handelt, die Feodorowna hieß. Hinweise, die Barlach in seinem Skizzenbuch zur Ergänzung festhielt, weisen darauf hin, dass sie eine Bäuerin war, bei der der Künstler während seines Aufenthalts in der Ukraine im Dorf Pokatilowka wohnte. Über diesen Hinweis erklärt sich ferner die Landschaft auf der Rückseite des Kieler Blattes. Ein unbefestigter buckeliger Weg führt fluchtpunktartig durch eine kahle Felderlandschaft auf einen weit oben angelegten Horizont zu. Durch das unbearbeitet belassene Papier am oberen Bildrand sind weder Wetterlage noch Tageszeit erfahrbar. Eine kleine Baumgruppe nahe der oberen rechten Ecke mildert die harte Statik der Szene nur ein wenig, aber die tatsächliche Lebendigkeit bewirkt der von rechts den Weg beschreitende Bauer mit seinem mageren Pferd. Mit großen Riemenstiefeln und robustem Mantel geht er schwerfällig, wie auch das Tier mit gesenktem Kopf, dem endlos scheinenden Weg entgegen. Mit teils deutlichen Strichen, teils mit Wischungen oder bloß an Hand skizzenhafter Linien umreisst Barlach den mit Bedacht gewählten Landschaftsausschnitt. Die Unbestimmbarkeit von Zeit, Wetter und Ort verleiht der Zeichnung eine schwermütige Monumentalität. Barlach scheint mehr auf den harten, sich niemals verändernden Alltag der ukrainischen Landbevölkerung verweisen zu wollen, als auf die Ortsangabe seiner Reise. Die Athmosphäre seines Bildes ist still und würdig, ebenso wie diese Menschen ihren langen Weg Tag für Tag mit Würde und Dermut gehen. Beide Zeichnungen, wie auch die übrigen Blätter des Skizzenbuches, stellen einen Wendepunkt in Barlachs Werk dar, an welchem sich die Entscheidung ankündigte, die menschliche Gestalt und ihr Dasein in den Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens zu stellen. Q.: Kunsthalle zu Kiel - Die Sammlung, Kiel 2007, S. 254. Literatur:
Inventarnummer: 1950-V 58 Signatur: bezeichnet (u.r.: 10/9 1906) Abbildungsrechte: Kunsthalle zu Kiel
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