Zeichnungen und zahlreiche Skizzen haben das Werk der Künstlerin stets begleitet. Dennoch sind ihre Arbeiten auf Papier keine Vorstudien für später zu realisierende plastische Arbeiten, sondern ganz autonome, d. h. eigenständige Arbeiten.

Im Gegensatz zu den überaus strengen plastischen Werken wirken die Zeichnungen wie diese "Sitzende mit rotem Kopf" weniger hermetisch. Sie sind durch Farbigkeit und offene, lockere Strichführung emotionaler und lockerer.

Auf einem festen, grauen Papier heben sich die mit Rot, Schwarz, Gelborange und Weiß aufgetragenen Linien und Schraffuren wirkungsvoll ab. Eine im Profil gesehene mächtige rotschwarze Wächterfigur auf der rechten Seite dominiert das Bildgeschehen und wirkt bedrohlich. Zu ihren Füßen befindet sich ein großer roter Kopf, wie er so charakteristisch für Hede Bühls Werke ist. Allerdings ist auch er, wie alle anderen Figuren, in seiner Binnenstruktur vitaler und offener als die entsprechenden plastischen Werke. Ihm gegenüber befindet sich eine sitzende schwarz-weiße Gestalt, die verhüllt ist. Darüber in der linken oberen Ecke thront eine kleinere, orangegelbe Gestalt. Das Ganze wirkt wie ein Tableau mit Entwürfen für zu realisierende Plastiken. Die Verwandtschaft zu den bildhauerischen Werken ist auch unverkennbar. Dennoch machen die Art der Zeichnung, die Komposition und ihre Farbigkeit dieses Bild zu einem eigenständigen, davon unabhängigen Bildwerk, da hier durch die innere Vitalität, Dynamik und zeichnerische Leichtigkeit ein anderer Charakterzug der Bildhauerin zum Ausdruck kommt. Die Gestalten und Köpfe sind transparenter, offener und strukturenreicher. Der strenge kompositorische Aufbau und die im Gegensatz dazu stehende offene Strichführung auf dem grauen Papier lassen ein besonderes Spannungsverhältnis entstehen. Dadurch werden die den Menschen beherrschenden inneren Kräfte und Emotionen überzeugend bloßgelegt.
Th. R.

Literatur:

• Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1995-51

Signatur: signiert und datiert (m.o.: Bühl/83)

Abbildungsrechte: Kunsthalle St. Annen

Ikonographie:

sitzende Figur