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Planetarium der astronomsichen Uhr aus der Marienkirche

Objektbezeichnung:Relief
Sachgruppe:6. Reliefe / Tafelmalerei
1. Astronomische Uhr
Künstler:unbekannter Meister
Ort:Lübeck
Datierung:nach 1407
Maße:D: 225 cm, H: 26 cm (Bildstreifen), D: 106 cm (Halbkreisring)
Material:Eiche ( Dublierungen Nadelholz)
Technik:geschnitzt
gefasst (Tierkreiszeichen golden auf blauem Grund)
Stil:Gotik
Über einem geschmiedeten Tragwerk, bestehend aus einem von der zentralen Zeigeröffnung ausstrahlenden griechischen Kreuz, dessen vier Arme untereinander durch einen inneren konzentrisch sitzenden Semizirkel und zusätzlich durch einen breiten azentrisch verlaufenden Bandeisenring, auf dem die Brettstücke mit den Tierkreiszeichen aufliegen, versteift werden, folgt in mehreren Schichten das hölzerne Leistengerüst. Dieses besteht aus drei flachen konzentrischen Ringen sowie acht kräftig profilierten Radialleisten in architektonisierter Gestalt (Strebepfeiler mit Wasserschlägen), die jeweils paarweise zwischen den vier Achsleisten angeordnet sind und mit diesen zusammen die Scheibe des Planetariums in zwölf Sektoren unterteilen. Jeder Sektor besitzt 30 Gradstriche, so daß der äußere Vollkreis insgesamt 360 Grad aufweist.

In der Nacht des 1. Mai 1407 wurde die zwei Jahre zuvor neu errichtete astronomische Uhr in der Marienkirche durch ein Feuer weitgehend zerstört. Zu den damals erneuerten Teilen gehörte der Scheibenring mit den qualitätvollen Flachreliefen der zwölf Tierkreiszeichen. Hervorzuheben ist die größtenteils naturgetreue Wiedergabe von Anatomie und Proportionen der Zodiakus-Bilder, mit Ausnahme von Steinbock und Schütze, die als Fabelwesen, letzterer als Kentaur, ausgebildet sind. Sichere Bewegungs- und Haltungsmotive kennzeichnen die figürlichen Darstellungen, deren modische Kostümierung (taillierte Kleider, weite Ärmel, enganliegende Beinlinge, Dusing, Schnabelschuhe, Kopfputz) in Verbindung mit der Formensprache des fortgeschrittenen Weichen Stils eine kunstgeschichtliche Einordnung in den Jahren um 1410 nahelegt. Vorbildlich wirkte der 1404-1407 ausgeführte großfigurige steinerne Skulpturenzyklus am Bremer Rathaus, der Johannes Junge beziehungsweise seiner Werkstatt zugeschrieben wird (vgl. Conrades 1932; Paatz 1958).

Nach Albrecht 2005, Kat. Nr. 34

Literatur:
  • Hasse, Max: Lübecker Museumsführer, I Die sakralen Werke des Mittelalters, Sankt Annen-Museum, Lübeck, 1970 (1964)
  • Wittstock, Jürgen: Kirchliche Kunst des Mittelalters und der Reformationszeit. Die Sammlung im St. Annen-Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, I (Lübecker Museumskataloge), Lübeck, 1981
  • Struck, Rudolf: Zur Kenntnis einiger an der astronomischen Uhr der Marienkirche vorhandener bildnerischer Werke, in: Lübeckische Blätter, Jg. 69, Nr. 11, 127, S. 198-199
  • Paatz, Walter: Die Marienkirche zu Lübeck, in: Deutsche Bauten, 5, Burg bei Magdeburg, 1929 (1926)
  • Paatz, Walter: Die lübeckische Steinskulptur der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck, IX), Lübeck, 1929
  • Conrades, Berthold: Rez. von Paatz 1929, in: Zeitschrift des Vereins für lübeckische Geschichte und Altertumskunde, 26, Heft 2, 1932, S. 361-366
  • Wentzel, Hans: Das Taufbecken des Beno Korp und einige verwandte Skulpturen in Schweden und Norddeutschland, in: Fornvännen, Jg.33, Heft 3, 1938, S. 129-154
  • Feulner, Adolf / Theodor Müller: Geschichte der deutschen Plastik (Deutsche Kunstgeschichte, 2), München, 1953
  • Behrens, Paul: Entwicklungsgeschichte der beiden Uhren, in: St. Marien Jahrbuch 1955/56 des St.-Marien-Bauvereins, 2. Folge, 1955, S. 137-139
  • Paatz, Walter: Prolegomena zu einer Geschichte der deutschen spätgotischen Skulptur im 15. Jahrhundert, in: Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 2, Heidelberg, 1956
  • Paatz, Walter: Münster, Bremen und Lübeck, in: Fs. Martin Wackernagel zum 75. Geburtstag, Köln - Graz, 1958, S. 75-81
  • Hasse, Max: Die Marienkirche zu Lübeck, München, Berlin, 1983
  • Fey, Felice / Sven Kuhrau / Gerhard Lutz: Das jüngere Mindener Retabel - der kunstgeschichtliche Zusammenhang, in: Die Goldene Tafel aus dem Mindener Dom (Bilderheft der Staatlichen Museen zu Berlin, Heft 73-74), Berlin, 1992, S. 90-105
  • Albrecht, Uwe: Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur in Schleswig-Holstein, 1 Hansestadt Lübeck, St. Annen-Museum, Kiel: Verlag Ludwig, 2005
  • Denkmalrat: Petrikirche. Marienkirche. Heil.-Geist-Hospital (Die Bau und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, II), Lübeck, 1906
  • Schaefer, Karl: Führer durch das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte zu Lübeck, Lübeck, 1915

Inventarnummer: 1892-145a

Signatur: Inschrift (inneren Leiste des Tierkreiszeichenringes: [Steinb: trukn: u: kalt], Wassrm: feucht: heis, Fisch: feucht: u: [kalt], Widder: t[ruk]n: u: heis:, Stier: t[r]ukn: und: k[alt], Zwilling: feucht: und: heis:)

Signatur: Inschrift (inneren Leiste des Tierkreiszeichenringes: Krebs: feucht: und: kalt:, Löw: trukn: und: heis:, J[ungfrau: trukn: u: k]alt:, Waag: feucht: u: heis:, Scorp[ion][feucht: u: kalt], [Schü]tz: [trukn] u: heis)

Abbildungsrechte: St. Annen-Museum


Ikonographie:     
Tierkreis, Tierkreiszeichen