Deutsch
Name des Museums
Titel des Bildes
Zur letzten Objektsuche Zum Album hinzufügen

Kruzifix

Objektbezeichnung:Gemälde
Sachgruppe:A. Gemälde
Hersteller:
Morgner, Michael
Datierung:1989
Maße:H: 78,7 cm, B: 56,2 cm
Material:Papier
Technik:Prägedruck
Tusche
Lavage-Technik (Waschung)
Asphalt
In unserem christlichen Kulturkreis ist der Begriff "Kruzifix" (Kreuzigung) eindeutig mit dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung Christi verbunden. Auch Morgner nimmt auf diesen Bedeutungszusammenhang mit seiner Arbeit Bezug. Allerdings ist seine Darstellung keineswegs traditionell, da die aus dem Dunkel und den frei verlaufenden Farbschlieren auftauchende menschliche Gestalt nicht Christus bezeichnet, sondern eher auf die "condition humaine" im Allgemeinen Bezug nimmt. Die hier sichtbar werdende menschliche Profilgestalt eines Geschundenen wirkt eher wie ein irrlichterndes und dem Verfall anheimgegebenes Schemen. Das wird durch seine skelettartigen Strukturierungen unterstrichen. Schon beim Erscheinen ist er bereits wieder im Verschwinden begriffen. Hinter dieser Gestalt taucht wie aus einem Nebel das Kreuz als mahnende Erscheinung innerhalb der frei pulsierenden Farbströme aus Schwarz, Grau und Weiß auf.

Es ist die große existentielle Dimension dieser Arbeit, die das Sterben, Scheitern und Aufbegehren des Menschen thematisiert und eben dadurch unmittelbar zu überzeugen versteht. Sie zeigt den Menschen als einen moribunden, d. h. von Geburt an dem Tod bereits anheimgegebenen Teil einer dynamischen, sich stets verändernden und fließenden Welt, deren Lauf nicht aufzuhalten ist. Gleichwohl ist das Kreuz nicht nur als ein Zeichen des Todes oder in dem Sinne, daß "ein jeder sein Kreuz zu tragen habe" zu deuten. Denn durch die christliche Botschaft ist es, sofern man diese akzeptiert, zugleich auch immer ein Zeichen des Triumphs (über den Tod) und des Lebens gewesen: "In hoc signo vinces" - "In diesem Zeichen wirst Du siegen." Die komplizierte und experimentelle Technik, die hier Verwendung fand, macht das Prozessuale der Bildentstehung sichtbar und entspricht damit zugleich kongenial dem Darstellungsinhalt. Beide sind deckungsgleich.

Michael Morgner, dessen künstlerischer Werdegang in der ehemaligen DDR begann, schuf dieses Bild aus seiner christlichen Perspektive heraus.

Es bleibt aber dem Betrachter überlassen, in welcher Weise er dieses eindrucksvolle Werk für sich interpretieren möchte.

Festzuhalten bleibt, daß es dem Künstler in dieser Arbeit überzeugend gelungen ist, für ein traditionelles Sujet eine adäquate, intensive und zugleich zeitgemäße Form zu finden.
Th. R.

Literatur:
  • Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1993-1

Signatur: monogrammiert und datiert (u.r.: m 89)

Signatur: bezeichnet (rückseitig: Morgner 89 Kruzifix M. M. 1056)

Abbildungsrechte: Kunsthalle St. Annen


Ikonographie:     
Abstrakte, ungegenständliche Kunst
     
gekreuzigter Christus